Die Vorbereitungen für meine Reise ins Highland der Teebauern, nach Karatina, nehmen die nächsten Tage in Anspruch. Ich werde die Äquatorstadt Nanjuki besuchen und die Bruderfamilie meines kenianischen Patensohnes und natürlich auch seine schon recht betagte Mama. Auf der Autofahrt dorthin, sehe ich viele Kaffeeplantagen, Obstanbaugebiete von Mangos, Orangen, Zitronen, Bananen und Reisanbau und ich sehe Ananasfelder, soweit das Auge reicht.
30.10.2013
Die Stadt Nanjuki erreiche ich dann endlich nach einer Übernachtung in Nairobi und nach vielen Stunden im Auto.
Endlich sehe ich den von meiner Gastfamilie so viel erwähnten Mount Kenia. Genauso imposant und schön anzusehen wie der Kilimandscharo in Amboseli, nur ein bisschen kleiner.
31.10.2013
Heute bekam ich die „ Äquatortaufe“, das heißt, ich war direkt am dem Punkt, wo die Äquatorlinie die Stadt Nanjuki durchquert. Dort wird anhand eines anschaulichen Versuchs gezeigt, dass das aus einem Behälter ablaufende Wasser sich 50 m nördlich des Äquators mit dem Uhrzeigersinn (rechts herum, ähnlich dem Strudel in der Badewanne) dreht, und 50 m südlich der Äquatorlinie gegen den Uhrzeiger. Direkt auf der Linie des Äquators dreht sich das Wasser überhaupt nicht. Ich war davon sehr fasziniert und kann jetzt auch sagen: „… ich war da, am Äquator“.
Nanjuki ist eine sehr moderne afrikanische Stadt und ich sehe viele Mzungus (Weiße). Das liegt wohl daran, dass hier britische Soldaten stationiert sind. Ein Viertel der Bewohner ist „weiß“ und da fühlt man sich etwas europäisch. Das Haus der Familie, bei denen ich für einige Tage und Nächte untergebracht bin, liegt inmitten einer Farm. Ringsumher sind grüne Felder, auf denen Gemüse angebaut wird, um es dann auf dem Markt zu verkaufen.
Am späten Nachmittag geht „Mama Kelly“ mit mir in ihren „großen Garten“, um das benötigte Gemüse für das Abendessen zu ernten. Was kochen wir denn heute Abend? Die Auswahl ist groß und wir entscheiden uns für Spinat, Möhren, Mais und Kartoffeln. Es ist friedlich und wunderschön, so über dieses Land zu schauen und ich bin glücklich und dankbar hier so liebevoll aufgenommen zu sein. Beim Abendessen unterhalten wir uns über den Arbeitsalltag dieser Farmer, über die Zukunft, was sie so planen und für sich wünschen.
Es gibt hier noch viel Land, das bearbeitet werden muss und auch die Kühe müssen täglich versorgt werden. Trotzdem sind die Menschen zufrieden und das springt „Gott sei Dank“ auch auf uns Europäer über. Todmüde falle ich ins Bett, schaue beim Einschlafen aus dem Fenster, und sehe die großen Sterne am nächtlichen Himmel und im Hintergrund die Konturen des Mount Kenia - Lalasalama Kenia.
01.11.2013
Die Nacht war kurz, denn heute geht’s auf Safari in den Ol Pejeta-Park. Früh um 5:00 Uhr geht es los. Am Abend vorher hatten wir uns von bekannten Rangern beraten lassen und mit Hilfe der spärlichen Karten eine Route durch das 90 Quadratkilometer große Areal festgelegt. Mit viel Glück könnten es die „Big Five“ werden; das heißt, ich werde vielleicht auch Nashörner sehen. Schon so oft habe ich eine Safari gemacht, aber die großen Nashörner habe ich bis jetzt noch nicht gesehen.
Wir sind schon einige Zeit unterwegs, haben große Herden von Zebras und Gnus beobachtet, die an einem großen See zum Trinken rasteten. Und dann endlich ganz weit in der Ferne entdecken wir sie, zwei Spitzmaul-Nashörner. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, endlich haben wir sie gesehen. Das war fantastisch, die zwei Giganten zu sehen, wie sie in ihrer Größe und Kraft majestätisch durch das Dickicht schreiten und im Unterholz verschwinden.
Doch was war das, auf der anderen Seite in 250 m Entfernung, noch mal drei Nashörner, die am Boden liegen, nein, das kann nicht sein, die wären ja um die Hälfte größer. Entweder sind das drei große Felsen oder „drei wirklich mächtige Nashörner“. Sie liegen einfach so da und schlafen; langsam fahren wir näher heran.
Auf dem weiteren Weg zum Schlafplatz der Tiere treffen wir zwei bewaffnete Ranger mit Schnellfeuergewehren, die uns erklären, dass es sich um ganz besondere Nashörner handelt, die Tag und Nacht bewacht werden.
Es handelt sich um weiße Breitmaul-Nashörner, von denen es weltweit nur noch sieben lebende Exemplare gibt; vier Tiere leben in Zoos und sind zeugungsunfähig und diese drei weißen Breitmaul-Nashörner hier im Park, sind die letzten zeugungsfähigen Tiere ihrer Art.
Zufrieden liegen diese Tiere da und schlafen, als gäbe es nichts Schreckliches und Böses in dieser Welt. Ich könnte den ganzen Tag hier stehen bleiben und die Nashörner beobachten. Ab und zu hebt eines der Tiere den Kopf und schaut sich um, aber für sie scheint nichts Schöneres zu geben als zu schlafen. Dann nach einer ganz langen Zeit werden sie doch wach und stehen auf. Jetzt sieht man die ganze Schönheit und Kraft dieser Tiere und es ist wunderlich, wie leicht sie sich bewegen. Sie gehen jetzt auf Futtersuche und verschwinden im dichten Buschwerk der Savanne.
Auf unserer Weiterfahrt durch recht schmale und dicht bewachsene Wege treffen wir auf eine große Elefantenherde. Zu ihr gehören viele Weibchen mit ihren Jungtieren und es ist ein Glück für uns, denn sie fressen gerade und bleiben deshalb lange an einem Platz stehen. Plötzlich ganz am Ende der Herde taucht ein großer Elefantenbulle auf. Er ist 30 - 35 Jahre alt, hat gigantische 1,80 m lange Stoßzähne und schaut recht imposant aus. So wie der sich verhält, ist er auf Brautschau und wir müssen vorsichtig sein. Er treibt die Elefantenkühe in unsere Richtung und beobachtet aufmerksam seine Umgebung. Uns ist schon etwas bang, denn er ist riesig und schaut jetzt in unsere Richtung.
Er stellt seine Ohren auf, geht ein paar Schritte vorwärts auf uns zu, um uns zu zeigen: … Halt, Stop …, das ist mein Revier … verschwindet. Rückwarts fahren können wir nicht, denn die Herde kreuzt gerade den Weg hinter uns. Also bleibt uns nur die „Flucht“ nach vorne. Der Bulle wirft seinen Rüssel hoch in die Luft und wirbelt dabei viel Staub auf. Er kommt immer näher an unser Fahrzeug heran, dann waren es nur drei Meter. Da gab es nicht nur Panik im Auto, wie ihr es euch sicherlich vorstellen könnt. Mein Patensohn gibt Gas und fährt so schnell es der doch so schmale Hohlweg ermöglicht.
Von weitem und aus sicherer Entfernung können wir dann beobachten, dass sich der Bulle wieder beruhigt hat und langsam mit seiner Herde weiterzieht.
02.11.2013
Die Stadt Karatina erreichen wir am nächsten Tag. Das Haus der Mama steht mitten in den Tee-Plantagen auf einer Höhe von 2098 m. Überall grüne Teefelder und das Klima ist angenehm warm.
Die Nächte jedoch sind kalt und die Mama stellt mir einen kleinen Holzkohleofen ins Zimmer. Sie denkt mir ist vielleicht zu kalt; womit sie nicht so ganz Unrecht hatte. Ich schlafe in meinem Zimmer, eingepackt mit mehreren dicken Decken und dem warmen Ofen sofort ein. Erst durch das Krähen des Hahnes um 5.00 Uhr werde ich wieder wach.
Hahaha, aber so ist das hier auch auf dem Land, abends früh ins Bett, morgens früh raus. Wie Zuhause, jedoch mit dem einen Unterschied, hier habe ich Urlaub und ich habe in einem Kuhstall übernachtet.
03.11.2013
Mit meinem Patensohn gehe ich durch sein Heimatdorf und ich schüttele viele Hände, wir begegnen Nachbarn und Verwandten und der Tag vergeht viel zu schnell. Erstaunlich bleibt, dass ich in diesem Moment mehrere hundert Kilometer von Namelok und Kimana entfernt war und mich trotz meines ersten Aufenthaltes hier im Hochland, so viele Leute von den Erzählungen her gekannt haben.
Das erinnert mich an meinen Aufenthalt 2011, als ich im Amboseli von meinem Dorf und meiner Massai-Mama adoptiert wurde und mich fremde Massai im 560 km entfernten Mombasa auf Grund meines getragenen Stammes-Schmucks als Tochter von Mama Margret erkannten.
Zwei Tage später heißt es wieder Abschied nehmen, aber irgendwann, da bin ich sicher, komme ich hierher zurück.
04.11.2013
Wir fahren auf dem Rückweg nach Amboseli auf der Schnellstraße Richtung Mombasa, so wie man es uns sagte, doch plötzlich endet diese Straße mitten in Nairobi. Der Straßenverkehr in Neapel ist nichts dagegen, aber unser erfahrener Fahrer bringt uns sicher durch die stark befahrenen Straßen dieser großen mit Menschen und Autos überfüllten Stadt. Wie ruhig ist es dagegen in Kimana.
Es ist schon dunkel, als wir wieder Zuhause ankommen und wir fallen alle müde, aber zufrieden von so vielen Erlebnissen ins Bett.
05.11.2013
In meiner letzten Woche hier in Kenia habe ich noch einige Termine anstehen, wie z.B. ein Besuch in unserer Patenschule Naningo. Die Kinder freuen sich so sehr mich zu sehen und mittlerweile hat keines dieser Kinder mehr Angst vor der Mzungu. Die Schule ist in einem guten Zustand, alles ist sauber, der Lehrer David hat alles gut im Griff, in ihm haben wir uns nicht getäuscht. Er ist hier gerne Lehrer und die Kinder lieben und achten ihn sehr.
In der anderen Schule in Namelok ist die Begrüßung genauso herzlich. Dort geht unser Patenkind Solonka in eine Ganztagsschule. Untergebracht ist er bei einer Familie in Namelok, da sein Heimweg zum Großvater zu weit ist, um diesen täglich zu gehen. Unter der Woche bleibt er deshalb in seiner Gastfamilie und am Wochenende geht er nach Hause, um seinem Großvater bei der Arbeit im Garten zu helfen.
Es ist schon bewundernswert, was afrikanische Kinder leisten. Solonka ist groß geworden und stolz zeigt er mir seine Schulhefte und sein Zeugnis. Den ganzen Dezember haben die Schulen in Kenia geschlossen, es sind Ferien und wie alle Kinder auf dieser Welt, freut sich auch Solonka auf diese Zeit. Danke an dieser Stelle einmal an seinen Sponsor und auch an alle Freunde, Bekannte und Unterstützer von Holiday and Help. Ohne eure Hilfe wäre es nicht möglich, vor Ort zu helfen und den Kindern eine Zukunft zu ermöglichen.
07.11.2013
Am Donnerstag besuche ich den Vater unseres langjährigen Kochs Mathias in der Sopa-Lodge. Er ist ein Fundi und schnitzt und fertigt Handwerkskunst aus Holz. In seinem Shop kaufe ich auch die Sachen für unseren Shop in Deutschland. Dem sozusagen krönenden Abschluss dieses Tages begegne ich auf dem Heimweg. Ein zweimeterdreißig großer Massai-Krieger sagt mir beim Einsteigen ins Auto „auf Wiedersehen“. Erschrocken habe ich mich nicht, aber es war schon sehr imposant, diesem 2,30 m großen und Kleiderschrankbreiten Mann zu begegnen. Ich werde auch ihn bestimmt wiedersehen, denn er ist ein Freund unseres Kochs, na dann Kwaheri!
09.11.2013
Der letzte Tag ist mit ausruhen und mit einem Bummel durch die Geschäfte von Kimana zu Ende gegangen. Am Abend kommen viele Freunde zum Essen und wir genießen die letzten Stunden in geselliger Runde. So richtig „auf Wiedersehen“ sagen möchte niemand, aber wie alles im Leben, einmal muss es sein........
10.11.2013
Sonntagmorgen ist Kofferpacken angesagt und gegen Mittag starten wir zum Flughafen nach Nairobi. Es ist wie immer sehr traurig für mich, wenn ich dieses Land wieder für viele Monate verlassen und meiner Familie, meinen Freunden und liebgewordenen Bekannten, Lebewohl sagen muss.
Aber ich komme wieder, so Gott will und auch dann werden wieder neue aufregende Abenteuer und eine schöne Zeit in meinem Mamaland auf mich warten.